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Analoges Musizieren . . . Digitales Musizieren

Heiner Klug

Im Tagungsband der vorletzten KlangArt (1995) findet sich ein Aufsatz von Jobst Fricke mit dem Titel: „Musik: analog – digital – analog“1

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Jobst P. Fricke: Musizieren: Analog-digital-analog – Digitalisierung und Begrifflichkeit als Norm in einer scheinbar analogen Welt, in: Bernd Enders & Niels Knolle (Hg.): KlangArt-Kongreß 1995 (= Musik und Neue Technologie 1, Osnabrück 1998), S. 15–27.
. Dort wird gezeigt, daß die Digitalisierung in der europäischen Musikgeschichte nicht erst mit dem Computer, sondern bereits mit der Rasterung normierter Größen in Diastematik und Metrik Einzug gehalten hat.

Ich möchte nach kulturellen Folgen dieses Phänomens fragen, des Phänomens nämlich, daß eine digitale Notations- und Überlieferungsweise in schriftlicher Form, wie von Fricke beschrieben, für unsere Musikkultur bestimmend geworden ist. Abschließend möchte ich die Frage stellen, welcher Stellenwert in diesem Kontext der elektrischen Digitalisierung zukommt, die heute ständig an Bedeutung gewinnt.

Fricke hat gezeigt, daß die Unterscheidung analog – digital sowohl für akustisch als auch musikalisch strukturierte Informationen gültig ist. Frühe Transkriptionsversuche, beispielsweise Neumen, erfolgten analog. Hier gab es weder eine konsequente Scheidung in Einzeltöne, noch waren absolute Tonhöhen definiert.

Die Tatsache, daß musikalische Gestalten grundsätzlich nicht entscheidend auf absoluten Tonhöhen beruhen, sondern auf Frequenzverhältnissen, also Intervallen – und damit Relativitäten –, könnte den Schluß nahelegen, diese analoge Art der Aufzeichnung entspräche musikalischen Strukturen in idealer Weise. Allerdings besitzt diese Notationsweise den entscheidenden Nachteil der Uneindeutigkeit. Deshalb taugen Neumen nur als Gedächtnisstützen unter der Voraussetzung, daß die aufgezeichnete Melodie bereits in ihrer klanglichen Gestalt vorab bekannt ist. Hier bleibt die Rolle der Schriftlichkeit auf die des Sekundärmediums unter Führung einer auf anderem Weg vermittelten primären Klangerfahrung begrenzt. Überlieferung ist dementsprechend grundsätzlich weiterhin nur mündlich möglich.2

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Auch mit den heutigen verfeinerten Notationsverfahren bleibt es allen Bemühungen zum Trotz unmöglich, ein Musikwerk durch den Notentext etwa eindeutig zu definieren. Die Zurückverwandlung in Klang von verschriftlichter Musik erfordert deshalb einen komplexen kulturellen Prozeß: ein erschwerendes Moment bei allen Bemühungen um synthetische Interpretation.

Kommen aber Instrumente, z. B. mit Grifflöchern oder Tasten zum Einsatz, gewinnen absolute Tonhöhen an Bedeutung, denn diese sind untrennbar mit bestimmten Griffen verbunden. Zudem, wo mehrstimmig musiziert wird, drängt sich die Verabsolutierung und damit die Digitalisierung auch in Verbindung mit dem Singen auf, denn bei mehrstimmigem Musizieren wird ein gemeinsamer „Ankerpunkt“ erforderlich. Hier muß Maß genommen werden. Dieses Maß, im Handwerk etwa in


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