- 14 -Behrendt, Frauke: Handymusik 
  Erste Seite (i) Vorherige Seite (13)Nächste Seite (15) Letzte Seite (90)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 

Klingeln und rauschunterlegter Unterhaltung bis hin zum Handyklingeln spiegelt sich die Veränderung der Telefonkultur in der populären Musik wider.21
21
Vgl. zum Beispiel den Song SMS von den Barcode Brothers (Universal 2002), oder Free Baby von Baba Fen (2002)
Ein Phänomen, das die Ausbreitung und Auswirkungen des Klingeltonphänomens in der Popkultur anschaulich macht, ist der Hit Call Me. Im Frühjahr 2003 lief auf dem Musikkanal MTV Deutschland ein Werbespot, der dazu aufrief, die Webseite des Senders zu besuchen und dort (kostenpflichtig) Klingeltöne herunterzuladen. In diesem in der Ästhetik eines Musikvideos gestalteten Spot geht es darum, dass der Protagonist nur solange cool ist und an Image gewinnt, solange sein Handy mit dem MTV-Klingelton Call Me klingelt. Denn während dieser zu hören ist, tanzt er umringt von ›gut aussehenden, knapp bekleideten Backgroundtänzerinnen‹. In dem Moment in dem das »Klingeln« aufhört verschwinden die Insignien seiner Coolheit und er fleht seinen Freund an, ihn erneut auf seinem Handy anzurufen. Der Spot war sehr bekannt und erfolgreich, woraufhin eine eigens gegründete Band namens Mr. Mobile den Hit Call Me auf Grundlage des im Spot zu hörenden Klingeltons produzierte. Die Melodie des Klingeltons wurde hier also nicht nach dem Vorbild eines Hits komponiert, sondern der Hit wurde nach dem Vorbild des Klingeltons produziert. Dem Phänomen zuträglich ist die Tatsache, das bei vielen aktuellen Hits die Hookline22
22
Markante, kurze, im Lied wiederholte melodische Figur mit (hohem) Wiedererkennungswert [Vgl. Wicke, Peter und Ziegenrücker, Wieland: Handbuch der populären Musik. Schott 2001]
genauso lang ist wie ein üblicher Loop eines Klingeltones.23
23
Wobei aber nicht auszuschließen ist, dass einige auch extra so gewählt werden, um sie auch als Klingelton gut vermarkten zu können.

3.4.  Klingeltöne als Grundlage der Handymusik

Handymusik meint in dieser Arbeit nicht das Komponieren von Klingeltönen. Komponierte Klingeltöne können aber ein Werkbestandteil sein, wie etwa bei Dialtones24

24
Vgl. Kapitel 5.3
oder Wählt die Signale!.25
25
Vgl. Kapitel 5.4
Dabei steht nicht der Klingelton eines einzelnen Handys im Vordergrund, die Musiker arbeiten vielmehr mit einer großen Anzahl von Mobiltelefonen und Klingeltönen, die gemeinsam zu hören sind. Es erklingen sozusagen die Klingeltöne eines Orchesters aus Handys. Bisher werden diese Werke von der reduzierten Ästhetik der Klingeltöne bestimmt. Dieses Phänomen ist aber vorübergehender Natur, mit verbesserter Technik wird dieses Phänomen verschwinden. So wie man der mit dem C-64 produzierten Musik ihre Herkunft noch anhören konnte, aber aktuelle Computermusik nicht mehr notwendigerweise als solche zu identifizieren ist, wird auch die Entwicklung der Klingeltöne verlaufen.


Erste Seite (i) Vorherige Seite (13)Nächste Seite (15) Letzte Seite (90)      Suchen  Nur aktuelle Seite durchsuchen Gesamtes Dokument durchsuchen     Aktuelle Seite drucken Hilfe 
- 14 -Behrendt, Frauke: Handymusik